Monatsgedanke Oktober
von Monika Visintin
Das Foto trägt den Titel «Sehnsucht nach Stille». Sehnsucht. Kennen Sie das? Da sitzt eine Frau am Ufer des und betrachtet den Mond. Meer und Mond sind Symbole der Unendlichkeit. Allen Lärm, alles Kriegsgeschrei, alle News, den Alltagstrott hinter sich lassen. Sich ausstrecken nach dem ganz Anderen, obwohl wir gar nicht wissen wie es da ist, in der Ferne.
Aber Sehnsucht wendet sich auch zurück. In die Geborgenheit und Unbeschwertheit der Kindheit. Die erste grosse Liebe. Wir sehnen uns nach einem geliebten Menschen der nicht (mehr) da ist. Sterbende sehnen sich nach Erlösung oder haben Heimweh nach der Ewigkeit. Die Sehnsucht, noch einmal fit und jung zu sein. Jugendliche sehnen sich nach Freiheit und wissen nicht, was das ist. Sehnsucht kann ausgenutzt werden. Manchmal sehnen wir uns nach etwas, was wir nicht erreichen können. Wir sehnen uns nach dem ganz anderen und wissen nicht, was es eigentlich ist. Wir sehnen uns nach dem weiten, weiten Meer und reisen da hin. Abertausende Mitmenschen tun das auch. Und der Strand ist dicht bevölkert. «Gib deiner Sehnsucht ein Zuhause» heisst es so schön. Aber wo ist das? Nur im Reich der Träume? Wir sehnen uns nach unberührter, intakter Natur, nach Frieden auf Erden.
Auch die Bibel kennt die Sehnsucht. Ich mag eine Stelle vom Römerbrief ganz besonders gern. Sie macht mir Mut. Paulus spricht davon, dass die ganze Schöpfung sich mit uns nach Erlösung sehnt. Und er fährt fort: «Nicht allein aber sie, sondern auch wir selbst seufzen in uns selbst und sehnen uns nach der Kindschaft, der Erlösung unseres Leibes:» Der christliche Glaube weiss von einem guten Ende; von erfüllter Sehnsucht Auch wenn das noch verborgen ist. Noch ist es nicht soweit. Aber es wird. Warten ist eine grosse Kunst.
Womöglich ist es gerade der Gottesdienst, wo unsere Sehnsucht ein Zuhause findet. Wer weiss?
Ich grüsse Sie sehr herzlich
Pfarrer Hermann Maywald