„…nur nicht auf Kerzen und Gebete“

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Eindrückliche Episoden: Pfarrer Christian Herbst erzählte aus seinen ersten 18 Jahren und dem friedlichen Umbruch in der ehemaligen DDR.

Eigentlich wollte er Kapitän zur See werden: Weil er nicht aus der Kirche austreten wollte und sich nicht von Familienmitgliedern im Westen trennen wollte, wurde nichts daraus – er lernte Bauschreiner. Christian Herbst ist heute evangelischer Pfarrer in Uttwil – und erzählte auf Einladung der beiden Kirchengemeinden aus seiner Jugendzeit „im Staat der Kontrolle“: „Ich bin 1971 in Greifswald als eines von vier Geschwistern aufgewachsen, habe die DDR nur mit Grenze erlebt und erlebt: Eine Diktatur ist angewiesen auf Kontrolle.“

Ja und nein

Freie Meinungsäusserung und freie Wahlen habe es nicht gegeben, angeordnete Demonstrationen schon. Und bei den entsprechenden Organisationen habe man mitmachen müssen, um beruflich weiterkommen zu können. Umweltverschmutzung gab es nicht und entsprechend auch keinen Schutz der Umwelt. Bereits in der Schule sei man dazu erzogen worden, einander zu verpfeifen: „Ich wollte nicht schiessen, kam zur kirchlichen Friedensbewegung und galt bald als Staatsfeind. Als mir in einem Gespräch indirekt und im Zusammenhang mit meiner älteren Schwester gedroht wurde, wollte ich nichts mehr mit diesem Land zu tun haben. Obwohl es auch Positives gab, wie zum Beispiel das kostenlose Gesundheitswesen, die gleichen Rechte und Löhne für Frauen und Männer – und unbestrittene klassische Kunst. Ich wollte trotzdem nicht weg, wir wollten das Land verändern und keine Gewalt. Für mich wohl am beeindruckendsten war dann der gewaltlose Mauerfall. Und  vielleicht hatte dies auch und vor allem  zu tun mit den Menschen:  So wie es ein Funktionär ausgedrückt hat, nämlich: Wir haben auf alles gefasst, aber nicht auf Kerzen und Gebete.“

Bildlegende: Ein Ausschnitt aus der Zeitgeschichte: Der Uttwiler Pfarrer Christian Herbst erzählte aus seinem Leben als Jugendlicher in der ehemaligen DDR

Text und Bild: Markus Bösch

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